Cristian Lindner: „Unser Ziel muss sein, eine neue deutsche Identität der bunten Republik zu etablieren“

Berlin. FDP-Generalsekretär CHRISTIAN LINDNER gab den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte NORBERT WALLET:

Frage: Herr Lindner, wie viel Prozent ihrer eigenen Klientel finden die Sarrazin-
Thesen richtig?

LINDNER: Der große Nachholbedarf bei der Integration eines Teils der Zuwanderer
ist offensichtlich. Aber kein Liberaler kann mit der These einverstanden sein, dass
diese Probleme eine genetische Ursache haben. In diesem Punkt hat Herr Sarrazin sich
einfach verrannt.

Frage: Halten Sie es für angemessen, dass Sarrazin von SPD und Bundesbank
rausgeschmissen werden soll?

LINDNER: Als Vorstand der Bundesbank wäre Thilo Sarrazin zur Mäßigung
verpflichtet gewesen. Merkwürdig ist bei der SPD allerdings, dass sie es gewesen ist,
die ihn zuvor noch aus dem Berliner Senat zur Bundesbank befördert hat. Dabei
müsste der SPD-Führung aus der langjährigen Zusammenarbeit doch bekannt gewesen
sein, wie Herr Sarrazin denkt.

Frage: Nun muss der Bundespräsident entscheiden. Ist der ganze Vorgang nicht
inzwischen hoffnungslos überhöht?

LINDNER: Jedenfalls ist manches Empörungs-Tremolo genauso schädlich wie die
biologistischen Einschätzungen von Thilo Sarrazin selbst. Beides steht einer
nüchternen Beratung der Integrationsprobleme im Weg.

Frage: Bei Bürgern gibt es den Eindruck, da werde jemand abgestraft, weil er Dinge
beim Namen nennt.

LINDNER: Da darf es keine Legendenbildung geben. Deutschland redet mittlerweile
offen und problembewusst über Integration. Ich denke an die Debatten über
Kochtücher und Moscheebauten. Die verstorbene Jugendrichterin Kirsten Heisig hat
zudem gezeigt, wie man über dieses Thema besser schreiben kann. Ihr aktuelles
Bestseller-Buch benennt eindeutige Defiziten in der Integrationspolitik. Aber ihre
Kritik war konstruktiv und respektvoll. Bei aller Kritik verfolgen wir doch das Ziel,
dass aus Migranten Mitbürger werden, die alle Aufstiegs- und Lebenschancen haben.

Frage: Wo liegen denn Probleme, auf die die Politik noch nicht hinreichend reagiert
hat?

LINDNER: Mich besorgt, dass eine inakzeptabel große Zahl von Zuwanderern ohne
jeden Schul- oder Berufsabschluss bleibt und ihre einzige Lebensperspektive der
Bezug von Transferleistungen ist. Deshalb bin ich dafür, dass die Kindergärten in
sozialen Brennpunkten zu Familienzentren werden. Dort müssen Angebote zur
Sprachförderung und Integration weiter intensiviert werden. Eine Zielgruppe sind auch
die Eltern. Der Bund kann Ländern und Kommunen dabei helfen. In bestimmten
Stadtteilen muss auch die Autorität unserer Rechtsordnung wiederhergestellt werden.

Frage: Das heißt?

LINDNER: Frau Heisig hat aus ihrer Praxis als Richterin beschrieben, dass
mancherorts der Respekt vor Justiz und Polizei gesunken sei. Diesen Hinweisen sollte
man nachgehen. Alle müssen sich an die Regeln des Zusammenlebens halten. Für
jugendliche Intensivtäter mit und ohne Zuwanderungsgeschichte brauchen wir auch
neue Ansätze. Gute Erfahrungen hat man mit der geschlossenen Heimunterbringung
gemacht, die Erziehungsdefizite beheben und durch Förderung zugleich eine legale
Lebensperspektive eröffnen.

Frage: Thilo Sarrazin meint, der Staat liefere durch ausufernde Sozialleistungen
Anreize zum Einrichten in der Unterschicht. Hörte man das nicht auch schon mal aus
der FDP?

LINDNER: Unsere Debatte über den Sozialstaat vom Frühjahr hatte andere Ziele. Wir
wollen ja Aufstiegschancen durch neue Anreize schaffen. Für den Hartz-IV-Bezieher
muss sich ein Teilzeitjob einfach rechnen. Dann kann er auch Schritt für Schritt wieder
ins Arbeitsleben kommen. Deshalb verbessern wir die Hinzuverdienstmöglichkeiten in
diesem Herbst. Insbesondere um benachteiligte Kinder werden wir uns zudem
kümmern – egal, ob aus deutschen oder zugewanderten Familien. Das ist nicht allein
eine Frage der schon diskutierten Bildungskarte. Es gibt in allen Schichten Eltern, die
mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind. Sie brauchen Rat und Hilfe. Darüber
hinaus werden wir durch eine verbesserte Vermittlung den Missbrauch von
Transferleistungen erschweren.

Frage: Brauchen wir trotz der Skepsis in der Bevölkerung weitere Zuwanderung?

LINDNER: Ja, ausdrücklich. Und zwar aus Verantwortung für Wachstum und
Beschäftigung in Deutschland. Die Bundesregierung muss dazu Konzepte vorzulegen.
Schon heute kostet uns nach Schätzungen der Fachkräftemangel ein Prozent der
Wirtschaftsleistung. Das sind 20 bis 25 Milliarden Euro im Jahr etwa weil Ingenieure
fehlen. Angesichts des demographischen Wandels werden bessere Bildung und
Ausbildung allein nicht ausreichen. Schon heute scheiden mehr Menschen aus dem
Arbeitsleben aus als nachkommen. Deshalb brauchen wir ein intelligent gesteuertes, an
den deutschen Interessen ausgerichtetes Zuwanderungskonzept. Vor allem
Hochqualifizierte wollen wir einladen.

Frage: Warum sollten die angesichts unserer Debatten nach Deutschland kommen?

LINDNER: Weil Deutschland im internationalen Vergleich sozialen Frieden, eine
hervorragende Infrastruktur und wettbewerbsfähige, spannende Unternehmen hat.
Leider ist unser gesellschaftliches Klima gegenüber Leistungsträgern nicht sehr
freundlich. Dabei wollen wir genau die gewinnen.

Frage: Müssen sich dazu gesetzliche Rahmenbedingungen ändern?

LINDNER: Ja. Wir müssen die Einkommensgrenze für eine dauerhafte
Arbeitserlaubnis senken. Die liegt derzeit bei 66 000 Euro. Das ist zu viel.
Informatiker oder Ingenieure schaffen das als Berufseinsteiger nicht. Wir müssen die
Grenze auf etwa 40 000 Euro senken. Und wir brauchen ein Einwanderungssystem
nach Punkten. Das lässt eine präzise Steuerung zu.

Frage: Weitere Zuwanderung trotz der Stimmung in der Bevölkerung hält das Land
so etwas aus?

LINDNER: In dieser Frage verbietet sich jeder Populismus. Die Bundesregierung
sollte umgehend einen Aktionsplan mit konkreten Zielen zur Integration vorlegen. Es
geht um Maßnahmen wie eine intensivere Sprachförderung, lokale Bildungsbündnisse
und Weiterqualifikation. Unser Ziel muss sein, eine neue deutsche Identität der bunten
Republik zu etablieren.

Quelle:  Liberale.de

Stamp: Landesregierung muss Integrationspolitik endlich ernst nehmen

Zu Äußerungen des innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion Dieter Wiefelspütz, Bund und Länder sollten eigene Ministerien für Integration einrichten, erklärt der Generalsekretär der FDP Nordrhein-Westfalen, Joachim Stamp:

„Es ist richtig, dass integrationspolitische Themen als bedeutende Querschnittsaufgabe in einem Ministerium gebündelt werden müssen. Allerdings drängt sich die Frage auf, warum die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW das Thema Integration im Arbeitsministerium in zweiter Reihe angesiedelt hat. Bisher ist der Eindruck entstanden, dass sich Rot-Grün nicht für Integration interessiert. Es ist notwendig, dass die Position des Integrationsbeauftragten umgehend und kompetent besetzt wird. Zudem wäre die Fortsetzung eines überparteilichen Beirats wie in den vergangenen Jahren sinnvoll.

Die FDP fordert weiterhin, die integrationspolitischen Zielsetzungen des Landes und die diesbezüglichen Bestimmungen im Landesrecht in einem Integrationsgesetz zusammenzufassen und weiterzuentwickeln.“

(See attached file: 100907-JS Landesregierung muss Integrationspolitk endlich ernst nehmen.pdf)

Integration durch Kunst: Tatiana Trofimova und Waldemar Kern im Spanischen Bau

Ausstellungseröffnung „Integration durch Kunst“

Tatiana Trofimova: Stadt
Tatiana Trofimova: Stadt

Tatiana Trofimova und Waldemar Kern im Spanischen Bau

Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,
sehr geehrte Damen und Herren,

unser Projekt „Integration durch Kunst“ geht weiter. Nach dem Erfolg der beiden letzten Kunstausstellungen mit jüdischen Künstlerinnen gehen wir nun auf eine andere große und wichtige Gruppe unserer Gesellschaft zu, die russlanddeutschen Spätaussiedler.

In Zusammenarbeit mit IRWA e.V., dem Verein zur Integration russland-deutscher Wissenschaftler und Akademiker, laden wir Sie herzlich ein zur Eröffnung der Ausstellung mit der russlanddeutschen Künstlerin Tatiana Trofimova aus Kischinjov, Moldawien, sowie dem Künstler Waldemar Kern aus Niznij Tagil, Russland, die beide in Köln leben und arbeiten.

Die Vernissage findet am Mittwoch, dem 29. September um 20 Uhr in den Räumen der FDP-Fraktion im Spanischen Bau des Rathauses statt.

Wie auch letztes Mal übernimmt unser Bürgermeister Manfred Wolf die Schirmherrschaft und Illya Kozyrev, Leiter des Liberalen Arbeitskreises Integration, kümmert sich um die Organisation der Ausstellung.

Mit freundlichen Grüßen

Ralph Sterck

Ort: FDP-Fraktion, Rathaus, Spanischer Bau, Köln-Altstadt
Veranstalter: FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Die Veranstaltung ist öffentlich.

Integration darf nicht an der Sprache scheitern

Integration darf nicht an der Sprache scheitern

von Illya Kozyrev

Bei der Betrachtung des deutschen Bildungswesens stehen naturgemäß Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt, gerade in Bezug auf das Erlernen der deutschen Sprache. Welche Chancen haben ältere Migranten, Deutsch zu lernen, und welche Perspektiven haben Lehrer, die Erwachsenen Deutsch als Fremdsprache vermitteln wollen?

Worum geht es bei der Integration der Bürger mit Migrationshintergrund eigentlich? Welche Schwierigkeiten gibt es hier? Die Tatsache, dass dieser Problemkreis in den Debatten über das Schulsystem überhaupt thematisiert wird, ist ein sehr positives Zeichen. Doch in der Hauptsache wird hier nur über einen singulären Teilbereich gesprochen, nämlich die Erfolglosigkeit der türkischstämmigen Schüler in ihrer Schullaufbahn. Damit fangen die Diskussionen über die Gesamtschule, die Abschaffung des Gymnasiums und andere Wege zur Chancengleichheit der Kinder von vorn an.

Was ist aber mit den Eltern dieser Schüler? Warum werden die erwachsenen Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund bei solchen Diskussionen vergessen? Während wir uns mit der Schulbildung der Kinder beschäftigen, sind deren Eltern nahezu verurteilt, bis zum Ende ihres Lebens auf Transferleistungen angewiesen zu sein – auch infolge der nicht nachhaltigen Politik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Wie kommt es dazu und wie sieht die Situation in den Integrationssprachkursen aus, in denen Deutsch als Fremdsprache (DaF) unterrichtet wird?

Auszug aus der Publikation „Das Rathaus“, Heft 04/2010

Integrationsarbeit auf hohem Niveau

Illya Kozyrev, Eva Fiedler, Sylvia Laufenberg (3., 4. und 5. v.l.) und Mitglieder des LibAKs Integration

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Illya Kozyrev, Eva Fiedler, Sylvia Laufenberg (3., 4. und 5. v.l.) und Mitglieder des LibAKs Integration

Liberaler Arbeitskreis Integration beim Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen

Der Liberale Arbeitskreis Integration hat im April eine weitere auswärtige Sitzung unternommen. Diesmal besuchten die Kölner Liberalen das Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e.V. (BFmF) in der Liebigstraße in Ehrenfeld.

Das BFmF ist ein multikultureller Selbsthilfeverein von Frauen aus über 30 verschiedenen Herkunftsländern. Durch Bildung, Beratung, Begegnung und Betreuung helfen Frauen anderen Frauen, ihr Leben in Deutschland selbstbestimmt zu gestalten. Es dient nicht nur den Interessen muslimischer Frauen. Auch Frauen anderer Religionen können dort Kurse besuchen oder sich zu Frauenkaffees treffen.

Das BFmF wurde bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Karl-Kübel-Preis durch Bundespräsident Johannes Rau für „vorbildliches Engagement bei der Integration von Zuwanderern“ sowie vom „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Marieluise Beck, für das Engagement und die gezeigte Zivilcourage.

Zu Beginn des Abends stellten Mitarbeiterinnen des BFmF ihren Verein vor und im weiteren Verlauf war stets eine interessante und angenehme Atmosphäre zu spüren. Auch diese Sitzung des LibAKs Integration war wieder sehr gut besucht, sowohl von Männern als auch von Frauen.

Das Spektrum der Fragen von Seiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises Integration zeigte sich als breit gestreut. Es ging um die Möglichkeit für Frauen christlichen Glaubens, die mit muslimischen Männern verheiratet sind, Kurse zu besuchen. Es ging auch darum, die Geschichte und die Traditionen einer muslimischen Familie kennenzulernen. Und es ging um die Möglichkeiten für Frauen mit Migrationshintergrund, Deutsch als Fremdsprache zu erlernen.

Am Ende bedankten sich die Mitarbeiterinnen des BFmF bei der FDP-Köln für das Interesse an ihrer Organisation und wurden anschließend vom Leiter des LibAK Integration, Illya Kozyrev, eingeladen, die FDP in der Kreisgeschäftsstelle zu besuchen. Kozyrev meinte: „Das Liberale Begegnungs- und Fortbildungszentrum muslimischer Frauen e.V. hat sich damit als ein großartiges Beispiel für eine Fraueninitiative präsentiert, die Integrationsarbeit auf hohem Niveau leistet.“

Quelle: FDP-Köln.de

Einladung zru Vernissage: „Integration durch Kunst“ mit Ofelia Imanova

Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Kölner Liberalen setzen sich verstärkt für ein besseres und toleranteres Zusammenleben aller Menschen, gleich welcher Herkunft und Religion, ein! Nach dem großen Erfolg der ersten Ausstellung geht unser Projekt „Integration durch Kunst“ weiter.

Hiermit laden wir Sie herzlich ein zur Eröffnung der Ausstellung von Ofelia Imanova, einer Künstlerin aus Baku, Aserbaidschan, die in Köln lebt und arbeitet.

Wie schon letztes Mal hat auch diesmal unser Bürgermeister Manfred Wolf die Schirmherrschaft übernommen und der Leiter des Liberalen Arbeitskreises Integration Illya Kozyrev kümmert sich um die Organisation.

Die feierliche Eröffnung findet am Mittwoch, dem 19. Mai um 20 Uhr in unserer Fraktionsgeschäftsstelle im Rathaus Spanischer Bau statt.

Mit liberalen Grüßen

Ralph Sterck – Fraktionsvorsitzender

Ort: Rathaus, Spanischer Bau
Veranstalter: FDP-Fraktion im Rat der Stadt Köln

Die Veranstaltung ist öffentlich.

Bildung und deutsche Sprachkompetenz helfen

Betül Cerrah und Illya Kozyrev Bild vergrößern
Betül Cerrah und Illya Kozyrev

Integrationsveranstaltung mit FDP-Kandidatin Betül Cerrah

Die Universität zu Köln und die türkische Integrationsorganisation „Dein Köln“ haben vor der Landtagswahl türkischstämmige Landtagskandidaten eingeladen, unter anderem die Landtagskandidatin der FDP Betül Cerrah, die Kandidaten der CDU Efkan Kara, der SPD Tayfun Keltek, der Grünen Arif Ünal und vom BIG Hamit Cicek. Die Veranstaltung war gut besucht, überwiegend von jungen Menschen.

Aber nicht nur türkischstämmige Leute interessierten sich für dieses Thema. Auch Mitglieder des Arbeitskreises Integration der Kölner FDP waren mit Illya Kozyrev, Gabriel Savulescu, Chaib Fakhar und Alla Spitzyana als multikulturellem Team gekommen, um die FDP-Kandidatin aus Duisburg zu unterstützen.

Den Gipfel an Ignoranz und Intoleranz der deutschen Gesellschaft gegenüber boten zweifellos die Aussagen von Keltek, wenn er sagte: „Was sind denn die Werte der deutschen Gesellschaft? Haben Sie sie schon gesehen? Zeigen Sie sie mir!“ Er betonte, dass mehr als hunderttausend Deutsche schon Muslime geworden seien. Er und seine Partei verlangten Religionsfreiheit, die es in Deutschland angeblich nicht gäbe: „Religionsfreiheit ja, aber nicht nur für eine Religion.“

Ünal und die Grünen sind der Meinung, dass es zu viel verlangt sei, wenn man von einem Bürger mit Migrationshintergrund fordere, einen neuntägigen Orientierungskurs oder politisch-geschichtlichen Kurs zu absolvieren und etwas über die Kultur und Geschichte Deutschlands zu erfahren, bevor man eingebürgert wird. „Politisch-gesellschaftliche Kurse und Tests erschweren die Einbürgerung und bringen ’nix“, sagte er.

Lichtblick des Abends war die FDP-Kandidatin Betül Cerrah: „Wir alle sollen endlich von dem Gedanken wegkommen, dass nur SPD und Grünen Integrationspolitik betreiben. Die FDP ist hier auch führend. Im Unterschied zu anderen Parteien handelt sie aktiv und hält ihr Wort“. Sie betonte die Wichtigkeit der Bildung: „Bildung und deutsche Sprachkompetenz – und nicht Ausgrenzung – helfen Strukturen der deutschen Gesellschaft zu verstehen und eine erfolgreiche Zukunft in Deutschland zu gestalten“.

Cerrah lobte die Integrationspolitik der FDP-Köln und bedauerte, dass die FDP-Duisburg nicht so viele Menschen mit Migrationshintergrund habe. Der Leiter des Kölner Arbeitskreises Integration, Illya Kozyrev, und Betül Cerrah planen, ihre Integrationsarbeit überregional zu gestalten, mit dem Ziel, für eine nachhaltige Integrationspolitik der FDP auch andere liberale Politikerinnen und Politiker bundesweit zu engagieren.

Quelle: FDP Köln

Welche Bildung hilft der Integration?

Marc Jan Eumann, Efkan Kara, Ciler Firtina und Illya Kozyrev (v.l.) in der VHS Mülheim Bild vergrößern
Marc Jan Eumann, Efkan Kara, Ciler Firtina und Illya Kozyrev (v.l.) in der VHS Mülheim

Podiumsdiskussion in der Volkshochschule am Wiener Platz

Vor der Landtagswahl wird viel über Integration gesprochen. Auch die Volkshochschule Köln hat zu einer Diskussion über dieses Thema Vertreterinnen und Vertreter der Politik in die Räumlichkeiten der VHS am Wiener Platz eingeladen. Die Moderation der Veranstaltung übernahm Helmut Frangenberg vom Kölner Stadt-Anzeiger. Die CDU war mit Efkan Kara vertreten, die SPD mit Marc Jan Eumann, die Grünen mit Ciler Firtina und die FDP mit Illya Kozyrev.

Wieder und wieder kritisierten die SPD und die Grünen das bestehende deutsche Schulsystem. Man solle die Gymnasien abschaffen, die derzeitige Situation führe zur Chancenungleichheit der Kinder, meinte Firtina. Auf die Frage aus dem Publikum, an welcher Schule denn ihre Kinder seien, kam die überraschende Antwort: am Gymnasium. Während der allgemeinen Erheiterung des Publikums versuchte die grüne Politikerin sich zu rechtfertigen, ihre Kinder gingen nur deshalb ans Gymnasium, weil es für sie die nächstliegende Schule wäre.

Eumann kritisierte die dreigliedrige Form des Schulwesens. Nach seinen Worten würden FDP und CDU die Chancenungleichheit fördern. Gerade durch das heutige Schulsystem würden die Kinder mit Migrationshintergrund benachteiligt. Seiner Meinung nach sollte man grundsätzlich länger zusammen lernen und überhaupt länger lernen.

Illya Kozyrev führte aus, dass die FDP die Absicht habe, die Ausgaben für Bildung auf 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Die FDP sähe Bildung als elementares Bürgerrecht und sei für gleiche Bildungschancen vom Start weg, mit Betonung auf Start. Er glaube, dass die Probleme der Kinder mit Migrationshintergrund zum größten Teil nicht aus dem heutigen Schulsystem heraus entstünden, sondern durch die Diskriminierung und die Vorurteile gegenüber den Migrantenkindern. Dagegen sollte man mehr kämpfen.

Zu erwarten war auch Kritik seitens der Grünen, als es um das erste deutsch-türkische Privatgymnasium „Dialog“ ging. Laut Firtina hätten die Lehrer am „Dialog“ ein schlechtes Bildungsniveau, die Lehrkräfte würden direkt aus der Türkei geschickt. Auch die Verbindung zur türkischen Regierung und zu Erdogan fand sie sehr negativ. Illya Kozyrev hingegen betonte, dass die FDP-Köln das Diaolg-Gymnasium in Buchheim als eine Ergänzung und eine Bereicherung der Schullandschaft sehe. Dort würde integrative Arbeit auf höchstem Niveau geleistet.

Kozyrev bedauerte, dass bei Diskussionen über Integration und Bildung meist nur über die Kinder und Jugendlichen gesprochen werde. Die Eltern dieser Jugendlichen, die Integrationssprachkurse besuchen, würden vergessen. Bei den Integrationskursen gäbe es nämlich große Probleme. Sie würden häufig auf zu niedrigem Niveau geführt.

Er kritisierte auch die schlechte Bezahlung der DaF-Dozenten (Dozenten für Deutsch-als-Fremdsprache). Während ein Grundschullehrer mit ca. 35 bis 40 Euro die Stunde vergütet werde, erhalte ein DaF-Dozent (nach fünfjährigem Hochschulstudium) nur ca. 15 Euro pro Stunde. Kozyrev wurde mit Applaus bedacht und Zwischenrufe von türkischstämmigen DaF-Dozenten aus dem Publikum sprachen sogar von nur 10 Euro pro Stunde.

Quelle: FDP Köln

Wahlen in NRW – von Migrant zu Migrant

Wahlen in NRW – von Migrant zu Migrant

Illya Kozyrev mag die FDP Bild vergrößern
Illya Kozyrev mag die FDP

Politiker haben erkannt: Menschen mit Migrationshintergrund sind wichtige Wähler. Um ihre Stimmen bei der Landtagswahl in NRW zu bekommen, werden Kandidaten aufgestellt, die auch zugewandert sind. Funktioniert das?

Wer in Köln Menschen sucht, die eine Zuwanderungsgeschichte haben, der wird unter anderem im Stadtteil Chorweiler fündig. Es ist Markttag. Viele Besucher schütteln beim Thema „Politik und Wahlen“ nur mit dem Kopf und eilen weiter, andere sind abweisend und murmeln „alles Verbrecher“. Tayfun Keltek hat sich mit seinem Infostand tapfer dazu gestellt und versucht, Wähler für sich zu interessieren. Nach einer halben Stunde gibt er wegen des starken Windes auf, die Flyer fliegen alle weg. Im Eiscafé des Shoppingcenters erzählt er, dass sich viele Menschen mit Migrationshintergrund für ihn interessierten, vor allem die türkischstämmigen, „aber das ist ja völlig normal. Die sind stolz darauf, dass einer von ihnen antritt und im Parlament einmal etwas zu sagen haben soll.“

Tayfun Keltek ist im Nordosten der Türkei aufgewachsen und kam als Student zum Promovieren nach Deutschland. Heute ist er Sportlehrer an einer Realschule, 63 Jahre alt und soll im Stadtteil Chorweiler die Wähler für die SPD bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW), Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland, gewinnen. Er ist sicher, dass er das schaffen wird, er habe guten Wahlkampf gemacht, sagt er. Er sagt nicht: ich schaffe das, weil ich einer von ihnen bin. So sieht Tayfun Keltek das nämlich nicht. Er will gewählt werden, weil er sich seit dreißig Jahren ehrenamtlich engagiert und seine Erfahrungen jetzt auf Landesebene einbringen möchte. Nicht, weil er zugewandert ist. Doch die Partei setzt ihn natürlich dafür ein. Jemand, der Zuwanderung selbst erlebt hat, ist glaubwürdiger, wenn es um Integrationspolitik geht.

Werben um die Herzen – oder reines Kalkül?

Traditionell wählen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland eher SPD, Grüne und vielleicht noch links. Nur wenige entscheiden sich für CDU und FDP. Das soll sich ändern, gerade die CDU wirbt momentan besonders eifrig um zugewanderte Wähler, auch in NRW. Zülfiye Kaykin gefällt das. Sie gehört zwar zur SPD, freut sich aber, dass inzwischen alle Parteien die Wähler mit Migrationshintergrund entdeckt haben. „Besser spät als nie“, sagt die Einzelhandelskauffrau aus Duisburg, die in NRW bekannt wurde als Geschäftsführerin der Begegnungsstätte der Moschee in Duisburg-Marxloh. Sie ist 41 Jahre alt, in der Türkei geboren und lebt seit ihrer Kindheit in Duisburg. Sollte die SPD in Nordrhein-Westfalen die Wahl gewinnen, könnte sie die nächste Integrationsministerin des Landes werden. Zumindest hat SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft sie dafür schon mal nominiert.

Jemand, der einen Migrationshintergrund habe, könne viel besser nachempfinden, was Menschen mit einer Zuwanderergeschichte erleben und empfinden, sagt Zülfiye Kaykin. Sie wünscht sich deshalb mehr Menschen mit Migrationserfahrung in verantwortungsvollen Positionen im öffentlichen Dienst. In der Politik seien Migranten auch nach 50 Jahren Einwanderungsgeschichte in NRW längst nicht normal. Das Thema Integrationspolitik und Zuwanderung sei innerhalb ihrer Partei „mal mehr, mal weniger interessant“ gewesen, sagt Zülfiye Kaykin. Sie hofft jetzt, dass die Parteien es auch ernst meinen und dass Integrationspolitik nicht nur Mittel sei um Stimmen zu bekommen. Menschen mit Migrationsgeschichte seien genauso interessiert an Politik, wie alle anderen auch, aber schwerer zu gewinnen, wenn man es nicht schaffe, „ihre Herzen zu gewinnen“. Sprich: sich nicht nur für sie zu interessieren, wenn sie Probleme machen.

Nützliche Wurzeln – oder Probleme dank Akzent?

Sowohl Zülfiye Kaykin als auch Tayfun Keltek sagen, sie hätten innerhalb ihrer Partei oder mit Wählern nie Ablehnung aufgrund ihrer türkischen Wurzeln erlebt. Kaykin spricht höchstens von „Anlaufschwierigkeiten“ vor 17 Jahren, als sie in die Partei eingetreten ist. Und Keltek sagt, dass man am Rande so etwas schon mal erlebe, es aber nicht ernst nehmen solle. Illya Kozyrev von der FDP in Köln hat da andere Erfahrungen gemacht. „Ich würde sagen, dass ich wegen meines Akzents in den ersten Minuten als weniger kompetent eingeschätzt werde und das finde ich eigentlich schade.“

Dabei könnte man Illya Kozyrev als Muster für eine gelungene Zuwanderungs- und Integrationsgeschichte nehmen. Er ist 27 Jahre alt, kommt aus der Ukraine und lebt seit neun Jahren in Deutschland. Inzwischen hat er einen deutschen Pass, hat in Politikwissenschaften promoviert und arbeitet bei einer Integrationsorganisation. Innerhalb seines Ortsvereins ist er nicht der einzige mit Migrationsgeschichte, aber generell fällt er in der Politik damit noch auf, obwohl er es nicht möchte. „Ich trage vor mir kein Schild und sage: ich bin Mensch mit Migrationshintergrund und deswegen muss ich besonders behandelt werden! Nein, überhaupt nicht.“

Alles normal – oder noch zu besonders?

Illya Kozyrev findet, dass es in unserer Gesellschaft, in der Menschen aus vielen Nationen leben, noch mehr Politiker mit unterschiedlichen Wurzeln geben müsse. Und dass die Politiker sich um alle Migranten kümmern sollten, nicht nur öffentlichkeitswirksam stärker um die türkeistämmigen. Unter den Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund in NRW sind nicht die türkeistämmigen Wähler die größte Gruppe, sondern Russlanddeutsche, Rumäniendeutsche und Menschen aus Polen. Sie interessieren sich für andere Dinge als es vielleicht türkischstämmige Zuwanderer tun. Sie wählen eher konservativ die CDU, „weil sie der Meinung sind, dass es in der Zeit von Helmut Kohl möglich war, aus der ehemaligen Sowjetunion wieder zurück nach Deutschland zu kehren.“

In NRW kann man garantiert noch nicht von einer Kehrtwende im Umgang mit potenziellen Wählern aus Zuwanderungsfamilien sprechen. Auch wenn sich alle wünschen, dass sich „das alles normalisiert“. Politiker mit Migrationshintergrund sind immer noch seltener und als Lockvogel im Wahlkampf funktionieren sie natürlich auch nicht für alle Menschen mit Migrationshintergrund. Untereinander sind sich auch nicht alle eins, nur weil sie aus der Türkei, Russland oder Italien zugewandert sind. Und es gibt viele Wähler, für die sie immer noch „die Ausländer“ sind, obwohl sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Zülfiye Kaykin sagt das so: „Wir müssen einfach gucken, dass wir zusammenhalten und das Land stärken und die Migranten gehören dazu, sie sind ein Teil der Gesamtgesellschaft und so müssen wir das auf beiden Seiten begreifen.“ Wann es soweit sein wird, weiß sie auch nicht.

Autorin und Foto: Marlis Schaum
Redaktion: Dеnnis Stutе

Quelle: FDP Köln

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